Deutscher Gewerkschaftsbund

07.03.2023

„Ritzamba“ und der lange Lauf: Zum Tod unseres Kollegen Daniel Haufler

Daniel Haufler war von 2017 bis 2021 Redakteur des DGB-Debattenportals „Gegenblende“. Ende Februar ist er in Washington gestorben. Wir erinnern an unseren stets zugewandten Kollegen.

Daniel Haufler

DGB

Vier Jahre war Daniel Haufler verantwortlicher Redakteur der Gegenblende. In dieser Zeit haben wir uns zu dritt das Büro geteilt. Wir konnten stundenlang an unseren Beiträgen arbeiten, ohne ein Wort zu wechseln. Anschließend haben wir die politische Lage oder den anstehenden Spieltag der Fußball-Bundesliga analysiert. Ich kann mich nicht erinnern, dass Daniel je schlecht oder abfällig über jemanden gesprochen hat – weder über Personen noch über Fußballvereine. Sein Herz schlug für den FSV Mainz 05. „Ritzamba“ war sein Pseudonym in unserem internen Bundesliga-Tippspiel. Das ist der Name des Musikstücks, das während der Mainzer Fastnacht und nach Toren im Stadion gespielt wird. Wir waren uns einig, dass man nicht gegen seinen Verein tippt. Als Anhänger von mäßig erfolgreichen Mannschaften geht man so natürlich nicht als Sieger bei einem Tippspiel hervor.

Lob statt Spott

Sport war Daniel wichtig. Mit enormem Aufwand hat er sich in den vergangenen Jahren auf Marathonläufe vorbereitet, mehrmals die Woche, vor der Arbeit. Beiläufig erwähnte er einmal, tags zuvor 30 Kilometer durch die Wälder um Potsdam gelaufen zu sein – in Vorbereitung für den Berlin Marathon. Nach dem großen Lauf war Daniel montags wieder am Arbeitsplatz. Die Beine seien noch etwas müde, aber es ginge schon. Im November ist er in Washington seinen letzten Marathon gelaufen.

Mir hat das imponiert, dass er vor der Arbeit schon Sport trieb. Inspiriert von Daniels Laufbegeisterung legte ich mir Joggingschuh zu und lief los. Nur einmal die Woche, mickrige fünf Kilometer unterbrochen von ausgeprägten Spazierphasen. Hätte ich anderen Kolleg*innen davon berichtet, hätte es sicher den ein oder anderen Kommentar gegeben unter dem Motto: „Für einen intensiven Spaziergang brauchst du keine Joggingschuhe.“ Statt spöttisch zu kommentieren, lobte Daniel. Es sei ein guter Ansatz, fünf Kilometer mit Unterbrechungen zu joggen. Er kenne jemanden, der das genauso mache.

Textarbeit und Diplomatie

Als Einzelkämpfer war er für alle Aufgaben rund um die Gegenblende-Webseite verantwortlich: recherchieren, Autor*innen anfragen, redigieren, eigene Beiträge schreiben, Podcast-Folgen planen, produzieren, schneiden, online stellen und die Social-Media-Kanäle im Blick behalten. Durch seine langjährige Erfahrung als Meinungsredakteur bei der taz und der Berliner Zeitung hatte er viele Kontakte in Medien, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Somit kamen Autor*innen auf der Gegenblende zu Wort, die sonst eher nicht im gewerkschaftlichen Blickfeld auftauchen. Besonderen Wert legte Daniel auf das Redigieren der Beiträge. Die Argumente sollten im Vordergrund stehen. Kürzen, straffen, nachbessern – Daniel hat seinen Autor*innen auch umfangreiche Änderungen stets behutsam beigebracht. Widerspruch gab es nur selten.

Als die deutsche Botschaft in Washington 2021 auf der Suche nach einem neuen Sozialreferenten war, hat Daniel nicht lange gezögert und sich auf die Stelle beworben. Nach einem bestandenen Sprachtest und Formalitäten trat er sein Amt in den Vereinigten Staaten an. Für ihn war es mehr als nur ein neuer Job. Daniel war dem Land verbunden. Er hat die politische Entwicklung der USA in den vergangenen Jahrzehnten journalistisch intensiv begleitet. So berichtete er gemeinsam mit Kolleg*innen der Berliner Zeitung über den Wahlkampf von Barack Obama 2012. Die Beiträge des Blogs wurden anschließend als Buch veröffentlicht. Auf der DGB-Gegenblende hat er mit vielen Beiträgen den Weg von Donald Trump ins Weiße Haus begleitet und dessen verheerende Politik scharf kritisiert.

In der Coronapandemie hat er unsere Abteilung zusammengehalten. Zu Beginn einer jeden Woche schrieb Daniel eine Mail in die Runde: „In der Teeküchen stehen Kekse.“

Wir vermissen unseren Kollegen.


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Kurzprofil

Sebastian Henneke
Sebastian Henneke ist verantwortlicher Redakteur für das DGB-Debattenportal Gegenblende.
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Gegenblende Podcast

Karikatur mit einem Mann und einer Frau die an einem Tisch sitzen, auf dem Mikrofone stehen.

DGB/Heiko Sakurai

Der Gegenblende Podcast ist die Audio-Ergänzung zum Debattenmagazin. Hier sprechen wir mit Experten aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Arbeitswelt, es gibt aber auch Raum für Kolumnen und Beiträge von Autorinnen und Autoren.

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