Deutscher Gewerkschaftsbund

21.12.2018

Trumps Niedergang beginnt

Je mehr Anklagen der Sonderermittler Robert Mueller gegen ehemalige Vertraute von Donald Trump erhebt, desto wahrscheinlicher ist: Der US-Präsident wird sich früher oder später ebenso als Angeklagter vor Gericht wiederfinden. Was wissen wir über seine Taten schon jetzt?

 

Von Elizabeth Drew

Das Weiße Haus mit Weihnachtsbeleuchtung aus der Ferne gesehen.

Weihnachtliche Stimmung dürfte im Weißen Haus dieses Jahr nicht so recht aufkommen angesichts all der Pleiten von Trump. DGB/Weißes Haus/Public Domain

Obwohl er selten auch nur die geringste Unzufriedenheit mit dem Job erkennen lässt, war die Präsidentschaft für Donald Trump bisher nicht gerade ein Zuckerschlecken. Doch keine Phase seiner Amtszeit war bisher von so vielen Problemen und düsteren Omen erfüllt wie die vergangenen beiden Wochen. Nicht nur verabschieden sich die letzten angesehenen Mitglieder aus seinem Stab, allen voran nun Verteidigungsminister Jim Mattis und sein Stabschef John Kelly, beide ehemals hochdekorierte Militärs. Zuvor schon wurde Trump kürzlich durch sein eigenes Justizministerium der Beteiligung an einer Straftat bezichtigt – auf der Basis der Strafmaßempfehlungen für seinen ehemaligen Wahlkampfleiter Paul Manafort durch Sonderermittler Robert Mueller und für seinen langjährigen Anwalt und Consigliere Michael Cohen. Beide Berichte weisen eindeutig darauf hin, dass Trump letztlich selbst Ziel schwerwiegender Anklagen sein wird. Zudem dürften einige Mitglieder seiner Familie ebenfalls vor Gericht landen.

Trump und seine Familie stehen immer näher am Abgrund

Obendrein musste Trump zwei Tage zuvor während der gesamten Beisetzung des früheren Präsidenten George H.W. Bush neben drei anderen früheren Amtsträgern sitzen, während Bush dafür gelobt wurde, dass er in Stil und Habitus praktisch das genaue Gegenteil von Trump gewesen war. Zugleich gab der Aktienmarkt angesichts des Scheiterns von Trumps angeblichem Waffenstillstand mit China seine gesamten Jahresgewinne ab.

Auch wurde klar, in welch starkem Maß Trump die Kontrolle über den Kongress verloren hat. Die Zugewinne der Demokraten im Repräsentantenhaus bei den Zwischenwahlen vom vergangenen Monat stiegen immer weiter (die jüngste Zahl sind atemberaubende 40 Mandate), da immer mehr umkämpfte Wahlkreise knapp von Demokraten gewonnen wurden. Einige Republikanische Senatoren wiederum machen den saudischen Kronprinz Mohammed bin Salman für die grausame Ermordung des Dissidenten und Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul verantwortlich. Anders als Trump weigerten sie sich, die moralischen und politischen Folgen der Ermordung eines in den USA wohnhaften Journalisten zu ignorieren, nur weil das Königreich eine strategisch wichtige Rolle gegenüber dem gemeinsamen Feind Iran spielt und künftig weiter Waffen von USA kaufen dürfte.

Donald Trump auf der Tribühne eines Football-Stadions mit jungen Soldaten.

Trump umgibt sich gern mit Soldaten und schwärmt von "seinen Generälen". Doch er hört auf sie so wenig wie auf alle anderen Berater. DGB/Weißes Haus/Public Domain

Dann reichten Sonderermittler Robert Mueller und Staatsanwälte aus New York Unterlagen bei Gericht ein, die aufzeigten, was viele schon lange vermutet hatten: Trump und seine Familie hatten zunächst seine Präsidentschaftskandidatur und dann seine Präsidentschaft genutzt, um ihren eigenen Reichtum zu mehren. Nach all der Zeit erfuhren wir endlich, welche peinlichen Informationen der russische Präsident Wladimir Putin über Trump hatte. Cohen erklärte gegenüber der Staatsanwaltschaft, Trump habe sich lange um den Bau eines großen, enorm lukrativen Hotels in Moskau bemüht, für das er die Erlaubnis vom Kreml brauchte. Cohen hatte erst vor einem Kongressausschuss ausgesagt, dass Trumps Bemühungen um den Abschluss des Hotelgeschäfts Anfang 2016 geendet hätten. Später räumte aber ein, dass sich die Gespräche bis zum Juni jenes Jahres hingezogen hätten. Zu dieser Zeit hatte Trump schon wiederholt erklärt, mit Russland keine Geschäfte zu machen und war der offizielle Präsidentschaftskandidat der Republikaner geworden.

Die Korruption erstreckt sich bis in den innersten Kreis

Cohens Aussage macht zudem deutlich, dass verschiedene Aspekte der US-Außenpolitik, darunter die Lobhudeleien über bestimmte autokratische Führer wohl durch Trumps bestehende oder angestrebte private Geschäftsinteressen in diesen Ländern – Türkei, Philippinen, Saudi-Arabien und Russland – beeinflusst wurden. Zugleich erhielten Trumps Hotels, insbesondere sein teures neues Hotel in Nähe des Weißen Hauses, Aufträge von verschiedenen Ländern. Dies ist besonders bedeutsam, weil sich Trump anders als seine Vorgänger weigerte, sich mit Übernahme seines Amtes von seinen privaten Unternehmungen zu trennen. Nur proforma übertrug er die Geschäftsführung seinen beiden erwachsenen Söhnen. Dies könnte durchaus einen Verstoß gegen die sogenannte Vergütungsklausel der US-Verfassung darstellen, die es dem Präsidenten untersagt, Geschenke von anderen Ländern anzunehmen. Trump ist deshalb Beklagter in zwei Prozessen, die ebenfalls Grund für ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn bieten könnten.

Die Korruption erstreckt sich bis in Trumps innersten Kreis. Seine Tochter Ivanka erhielt Markenrechte für China für ihre Bekleidungslinie (die inzwischen aufgelöst wurde, obwohl Ivanka Trump die Marken behalten und neue beantragt hat). Ihre Ehegatte Jared Kushner soll seine Stellung für Versuche genutzt haben, um die enormen Schulden seiner Familie aus verschiedenen Immobiliengeschäften zu begleichen. Trumps ehemaliger Anwalt Cohen hat seinen vorgeblich exklusiven Zugang zu Trump für angeblich vier Millionen Dollar an interessierte Unternehmen verkauft.

Trump sitzt beim Trauergottesdienst für George W.H. Bush in der ersten Reihe neben seinen Vorgängern Obama, Clinton und Carter.

Wie ein großer Schuljunge verfolgt Trump die Trauerrede von George W. Bush für seinen Vater. Daneben seine ehrwürdigen Vorgänger Barack Obama mit Michelle, Bill Clinton mit Hillary, Jimmy Carter mit Rosalynn; in der Reihe dahinter (leicht verdeckt) Joe Biden und ganz außen Al Gore. DGB/Weißes Haus/Public Domain

Es war Cohen, der den New Yorker Staatsanwälten mitteilte, er habe „auf Anweisung von“ Trump Schweigegeld an zwei Frauen gezahlt, damit während des Wahlkampfes nichts von Trumps Affären mit ihnen an die Öffentlichkeit dringt. Auch daher sieht sich Trump der Gefahr einer Anklage wegen eines Verbrechens ausgesetzt: dem Verstoß gegen US-Gesetze zur Wahlkampffinanzierung. Wie Cohen auf die harte Tour erfahren musste, ist die Arbeit für Trump nicht einfach, was auch der Grund dafür ist, warum sich – von seiner Tochter und seinem Schwiegersohn abgesehen – kaum jemand lange im Weißen Haus hält. Für Trump ist Loyalität eine Einbahnstraße, die nur in seine Richtung führt. Heute beschimpft er ehemalige Vertraute wie Cohen gern als Verräter.

Trump versteht allmählich, was noch Schlimmes auf ihn zukommt

Trumps zuletzt immer seltsameres Verhalten und seine immer hysterischeren Tweets werden weithin darauf zurückgeführt, das ihm allmählich klar wird, was die Machtübernahme der Demokraten im Repräsentantenhaus für ihn bedeutet. Die kommenden Demokratischen Ausschussvorsitzenden haben bereits erklärt, dass sie verschiedene tatsächliche und mutmaßliche Rechtsverletzungen von Trump und Mitgliedern seiner Regierung untersuchen wollen.

Es ist bereits jetzt klar, dass der Ausgang der Präsidentschaftswahlen von 2016 durch außergewöhnliche Ereignisse verzerrt wurde. Noch wird Trump nicht offiziell beschuldigt, sich mit Russland verschworen zu haben. Doch die bisher schon bekannten Unterlagen von Sonderermittler Mueller legen nahe, dass Putin zugunsten Trumps in den Wahlkampf eingreifen ließ, um gewünschte politische Positionen (etwa die Schwächung der NATO und der Europäischen Union) von einer möglichen künftigen Regierung einzufordern. Die Ermittlungen bewegen sich seit einer Weile eindeutig in diese Richtung. Falls Mueller zu diesem Schluss kommt, das es diese Verschwörung tatsächlich gab, stehen Trump die schlimmsten Wochen und Monate seiner Präsidentschaft noch bevor.

 


Aus dem Englischen von Jan Doolan / © Project Syndicate, 2018


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Kurzprofil

Elizabeth Drew
Elizabeth Drew ist Redakteurin der Zeitschrift "The New Republic" und hat 14 Bücher verfasst, darunter "Citizen McCain" und zuletzt "Washington Journal: Reporting Watergate and Richard Nixon’s Downfall".
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